Urbane Datenplattformen und Digitale Zwillinge für eine integrierte Stadtentwicklung, der Aufbau von rechenzentrumsübergreifenden und cloud-basierten Infrastrukturen, die Entwicklung einer kommunalen App – angesichts der Notwendigkeit der klimaneutralen und digitalen Transformation haben sich eine Vielzahl von Kommunen zusammengeschlossen, um gemeinsam datenbasierte Applikationen, Anwendungsfälle und Tools zu erarbeiten. Schließlich können datenbasierte Anwendungen und Modelle im Gegensatz zu physischer Infrastruktur einfach übertragen werden, was eine gemeinsame Entwicklung trotz geografischer Distanz ermöglicht. Dabei ist ein breites Spektrum an unterschiedlichen Organisationsformen mit unterschiedlichen Formalisierungsgraden, Finanzierungsmodellen und Zielsetzungen entstanden, welche eine Vielzahl an Möglichkeiten für eine interkommunale Zusammenarbeit eröffnen. Was können wir aus diesen Projekten lernen? Ist interkommunale Zusammenarbeit die Zukunft für kommunale Innovationen? Um diese Fragen zu beantworten, hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO im Rahmen der Kooperation mit dem Datenkompetenzzentrum Städte und Regionen DKSR und der Morgenstadt-Initiative eine Studie durchgeführt. »Da einer unserer großen Antriebe bei DKSR die Skalierung und Verbreitung datenbasierter Lösungen ist, ist für uns die Frage sehr spannend, wie dies durch interkommunale Zusammenarbeit gemeinwohlorientiert gestaltet werden kann«, erläutert Eva Schmitz, die seitens DKSR am Forschungsteam der Studie beteiligt war. Anhand von Fallstudien zu konkreten Umsetzungsprojekten für Smart City und Verwaltungsdigitalisierung sowie Interviews mit Expertinnen und Experten beleuchtet die Studie die aktuellen Mehrwerte sowie Synergieeffekte und formuliert zentrale Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung von interkommunaler Zusammenarbeit.
Unterschiedliche Ausprägungen der interkommunalen Zusammenarbeit
Um interkommunale Zusammenarbeit für weitere Kommunen zu ermöglichen und deren Initiierung zu erleichtern, hat das Forschungsteam drei konkrete Pilotprojekte als Fallstudien mit Blick auf deren Aufbau, Mehrwerte, Finanzierung, Umfang, sowie technische und organisatorische Empfehlungen näher betrachtet. Bei diesen handelt es sich um die Entwicklungspartnerschaft »Open SmartCity App«, das Kooperationsprojekt »Connected Urban Twins – Urbane Datenplattformen und Digitale Zwillinge für Integrierte Stadtentwicklung« (CUT) der Städte Hamburg, Leipzig und München sowie die bundesweite Genossenschaft govdigital. Anschließend wurden die Erkenntnisse mit weiteren Projekten verglichen, um Übereinstimmungen zu identifizieren. »Wir wollten unter anderem herausfinden, inwiefern Fördermittel die Projekte beeinflussen im Hinblick auf deren Flexibilität und ob Kommunen solche Kooperationen auch fördermittelunabhängig stemmen können«, so Hendrik Frieling, Autor der Studie und Forscher am Fraunhofer IAO. So zeigte sich beispielsweise beim Kooperationsprojekt »Connected Urban Twins«, dass es ohne finanzielle Unterstützung und Folgefinanzierung keine Umsetzung gegeben hätte. In diesem Projekt arbeiten insgesamt ca. 70 Expertinnen und Experten zusammen – über kommunale Grenzen hinweg in agiler Form und mithilfe von digitalen Tools. Alle Projektverantwortlichen nannten eine Vielzahl von Mehrwerten der interkommunalen Zusammenarbeit. U.a. ermöglicht die Nutzung von Open Source Software die Replikation von Projektbausteinen in anderen Kommunen, was zu Einsparungen von Entwicklungs- und Anlaufkosten bei den beteiligten Städten führt. Auch das Einbringen der individuellen Stärken der beteiligten Städte in der interkommunalen Projektstruktur beeinflusst den Wissenstransfer positiv.
Klares Ja zu interkommunaler Zusammenarbeit: Mehr Nutzen als Aufwand
»Außerdem sind wir der Frage nachgegangen, ob Kommunen solche Zusammenarbeitsformate im Förderauftrag als hindernd empfinden. Die klare Antwort war: Nein. Die Mehrwerte überwiegen die Aufwände deutlich«, so Frieling weiter. In den insgesamt sieben beleuchteten Projekten der Studie wurden vielfältige Mehrwerte von interkommunaler Zusammenarbeit identifiziert. So zeigten alle interviewten Personen eine hohe Motivation und Begeisterung für interkommunale Projekte. Zu den genannten Mehrwerten zählen:
- Einsparung von Ressourcen und Steigerung der Effizienz
- Standardisierung und Replikation von Umsetzungsmaßnahmen an stadtspezifische Kontexte
- Netzwerkeffekte, Wissenstransfer und Kompetenzentwicklung
- Schaffung einer gemeinsamen Projektidentität
- Stärkung von Datensouveränität und Data-Governance
- Agile Arbeitsstrukturen und die Überwindung von Wissens-Silos
- Erhöhte Redundanz durch das Teilen von Systemen
Das Forschungsteam betont daher den Nutzen und die Wichtigkeit von interkommunaler Zusammenarbeit für die zielgerichtete Entwicklung und Umsetzung bis hin zur Förderung von kommunalen Innovationen und Smart-City-Maßnahmen. Diese sollte von Akteurinnen und Akteuren auf allen Handlungsebenen erkannt und in den Fokus von innovationspolitischen Maßnahmen gestellt werden. Bereits im Kontext der Smart City Charta wurde auf die Wichtigkeit von interkommunaler Zusammenarbeit für die Stadt- und Raumentwicklung hingewiesen, die es zukünftig noch mehr zu stärken gilt. Damit die genannten Mehrwerte vermehrt zutage treten können, bedarf es hierbei weitere organisatorische, finanzielle und inhaltliche Hindernisse abzubauen. Hilfestellungen können zum einen nach dem Prinzip »von Kommunen für Kommunen«, durch Bürokratieabbau oder durch gezieltere Unterstützung auf Bund- und Länderebene erfolgen.