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29.11.2017
Stuttgart – Gerade erst ging die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP23) in Bonn zu Ende. An dem Großereignis nahmen über 25.000 VertreterInnen von Nationen, NGOs, Wissenschaft, Medien und Unternehmen teil. Im Vorfeld dazu veröffentlichte Oxfam, ein internationaler Verbund von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, einen Bericht, demzufolge die Folgen der Erderwärmung zwischen 2008 und 2016 bereits über 20 Millionen Menschen weltweit zu Klimaflüchtlingen machten. Diese Zahl könne sich laut der Autoren in den kommenden Jahrzehnten noch verzehnfachen. Die gesellschaftliche Relevanz des Themas ist offenkundig, doch angesichts der Weigerung mancher Regierung, sich stärker am Kampf gegen den Klimawandel zu beteiligen, stellt sich die Frage, ob dieser überhaupt abzuwenden ist und wie wir uns gegen die Folgen der globalen Erwärmung schützen können. Die ForscherInnen des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement der Universität Stuttgart, das eng mit dem Fraunhofer IAO kooperiert, gehen diesen und weiteren Fragen zur Klimaresilienz gemeinsam mit PartnerInnen aus Wirtschaft, Forschung und Kommunen im Projekt SMARTilience nach. Wir haben mit der Projektleiterin Veronika Zettl gesprochen und von ihr erfahren, wie sie und ihr Team Städte dabei unterstützen, geeignete Klimamaßnahmen zu identifizieren und umzusetzen.
1. Guten Tag Veronika. Zahlreiche Kommunen haben sich zwar den Klimaschutz zur Aufgabe gemacht, den Umgang mit den Folgen des Klimawandels adressieren sie jedoch weit weniger konsequent. Das Projekt SMARTilience möchte hier Abhilfe schaffen und den Kommunen dabei helfen, geeignete Klimamaßnahmen zu entwickeln, um resilienter zu werden. Wie genau geht ihr dabei vor und warum ist das Thema Klimaresilienz so wichtig?
V.Z.: Die Folgen des Klimawandels stellen eine große gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Herausforderung dar, insbesondere für Städte, in denen bereits heute der Großteil der Weltbevölkerung lebt. Hitzeinseln belasten die Gesundheit der StadtbewohnerInnen. Starkniederschläge und Stürme gefährden Leben und können erhebliche Schäden – und damit Kosten – verursachen. Städte sind daher gezwungen zu reagieren, wenn sie weiterhin attraktiv und lebenswert bleiben möchten. Die Relevanz von Klimaschutz ist glücklicherweise schon in den Köpfen der meisten Menschen angekommen. Allerdings ist sich die Wissenschaft einig, dass einige der Folgen des Klimawandels bereits heute nicht mehr (vollständig) abgewendet werden können. Und deshalb muss der Klimaschutz um Maßnahmen der Klimaanpassung ergänzt werden, wenn attraktiver, lebenswerter und sicherer Wohn- und Lebensraum erhalten werden soll. Die Städte müssen klimaresilient werden. In SMARTilience entwickeln wir deshalb ein integriertes, sozio-technisches Steuerungsmodell, um Entscheidungs- und HandlungsträgerInnen in Kommunen beim vorausschauenden, effizienten Klimahandeln zu unterstützen. Dieses Steuerungsmodell erproben wir dann in den Reallaboren Halle (Saale) und Mannheim und leisten so einen konkreten Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland.
2. Das Projekt SMARTilience befindet sich noch bis Ende April 2018 in der Definitionsphase. Was genau geschieht in diesem Projektstadium und wie geht es danach weiter?
V.Z.: In der Definitionsphase werden wichtige Vorarbeiten für das angestrebte Vollprojekt geleistet und Partnerschaften geknüpft. Gleich zu Beginn haben wir existierende Forschungsergebnisse zu Klimaresilienz in Städten sowie zu Steuerungsmodellen in diesem Kontext identifiziert und gesichtet. Darauf aufbauend haben wir das angestrebte Vollprojekt konzipiert und zu diesem Zweck die Bedarfe, Herausforderungen in den Städten und relevante Gesetzgebungen analysiert. Und wir haben die Reallabore Halle (Saale) und Mannheim mit den relevanten Akteuren vor Ort geplant. Im Oktober 2017 haben wir dann gemeinsam mit unseren Partnern Drees&Sommer, Malik, der HafenCity Universität Hamburg und den beiden Städten den Antrag für das Vollprojekt gestellt. Und nun heißt es Daumendrücken! Die kommenden Wochen werden wir dazu nutzen, uns mit anderen Projekten des Förderprogramms „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu vernetzen und die Reallabore für das Vollprojekt vorzubereiten. Wenn wir einen positiven Förderbescheid für das Vollprojekt erhalten, starten wir im Mai 2018 mit der Forschung und Entwicklung.