Straßenräume als Teil einer komplexen Stadtstruktur haben in ihrer zukünftigen Planung und Gestaltung eine hohe Relevanz hinsichtlich der Anpassung an Entwicklungen wie z.B. den Klimawandel, die Urbanisierung, der Digitalisierung, der Ressourcenknappheit und der wachsenden Energienachfrage. Die Stadt der Zukunft ist ressourcenschonend, energieeffizient und ist geprägt durch eine hohe Lebensqualität. Bezüglich dessen müssen öffentliche Straßenräume nachhaltig gestaltet werden.
Die Straßenfläche als öffentlicher Raum bietet bei einer systemübergreifenden Gestaltung eine Vielzahl an Potentialen. Dazu zählen z.B. die Sammlung und Speicherung von Oberflächenwasser nach Starkregenereignissen, die Energiegewinnung, die Nutzung als Innovationsfläche zur Erprobung neuer Mobilitäts- und Logistiklösungen oder Sensorinfrastrukturen zur Optimierung von Verkehrsflüssen und zur Messung von Umweltdaten. Die Straße ist in diesem Kontext als mehrdimensionaler Raum im Quartier zu erfassen. Herausfordernd ist die Integration verschiedener Komponenten wie nachhaltige Mobilität, Lebensqualität, wassersensible Stadtentwicklung und die Verteilung derer an unterschiedliche Nutzer und Funktionen.
Ziel des Förderprojektes »Straße der Zukunft« ist es, Kommunen beim vorausschauenden und effizienten Planungs- und Umsetzungsprozess ressourceneffizienter Musterstraßen zu unterstützen. Hierzu werden künftige Bedarfe, die mögliche Nutzungen und Anforderungen an den Straßenraum aus unterschiedlichen Perspektiven (Mobilität, Ökologie, Ökonomie, Soziales, Technologie, Infrastruktur, Governance) zeigen, erhoben. Die beiden Partnerstädte Ludwigsburg und Erlangen dienen dabei als Reallabore für die Erprobung zukunftsfähiger Straßengestaltung. Zentral ist die Sensibilisierung sowie die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Gestaltung des Straßenraums. Die Erkenntnisse der Musterstraßen sollen sich auf ein Gesamtkonzept der nachhaltigen Stadt übertragen lassen. Die Entwicklung eines Replikationsmodells gewährleistet die Übertragbarkeit auf andere deutsche Kommunen sowie die Verwertbarkeit der Ergebnisse. Das Replikationsmodell setzt dabei sowohl thematisch als auch systemisch an und gibt konkrete Empfehlungen und Werkzeuge an die Hand, um den spezifischen Bedarfen in den Städten zu begegnen und politische Überzeugungs- und praktische Steuerungs- und Umsetzungsarbeit zu leisten.
Pilotierung neuer integrierter Planungs-, Umsetzungs- und Sanierungsprozesse, die alle zukünftigen Einflussfaktoren auf und durch die Straße berücksichtigen und die Erprobung neuer Materialien und Lösungen umfassen
Entwicklung übertragbarer Vorgehensweisen auf andere deutsche Städte und Straßen(-typen) durch den Austausch innerhalb einer erweiterten Projekt-Community
Wissenstransfer zwischen deutschen Städten zum Thema Straße der Zukunft ermöglichen und Vermittlung der Forschungsergebnisse an Fachzielgruppen
Information und Kommunikation in die Stadtgesellschaft zur Integration der Bevölkerung bei der Entwicklung neuer Prozesse und Lösungen
Umsetzung eines transdisziplinären Forschungsprojektes mit Wissenschaft, Wirtschaft und Stadtverwaltung, das Mehrwerte für alle bietet und einen starken Anwendungsbezug aufweist
Als Versuchsquartier in Erlangen fungiert der »Siemens Campus«, der zukünftig neben seiner Rolle als moderner Bürostandort auch der Stadtbevölkerung als öffentlich zugänglicher Stadtteil zur Verfügung stehen wird.
Durch die Konzentration von Arbeitsplätzen und dem Umzug bestehender Siemens-Bereiche auf den Campus entsteht ein ganz neues Mobilitätsverhalten, welches auch gesamtstädtische Auswirkungen haben wird.
Das Mobilitätsverhalten der Verkehrsteilnehmer verändert sich am stärksten bei einer örtlichen Veränderung wie einem neuen Wohnort oder Arbeitsplatz. In Erlangen bietet sich durch die räumliche Veränderung von mehreren 1.000 Mitarbeitern der Fa. Siemens die ziemlich einmalige Chance, zeitgleich mit der Besiedelung des Siemens-Campus direkt Einfluss auf das Mobilitätsverhalten zu nehmen.
Im Projektzeitraum (April 2019-März 2022) wird das Modul 1 fertiggestellt und bezogen.
Im ersten Modul entstehen 8 Bürogebäude (rd. 5.500 Arbeitsplätze) sowie 3 Parkhäuser (rd. 2.600 Stellplätze).
Herzstück des Siemenscampus ist eine Grünachse, die in Modul 1 beginnt und das gesamte Campus-Gelände von West nach Ost durchziehen wird. Des Weiteren gibt es Parkhauszufahrten und Verbindungsstraße/-wege zwischen den Bürogebäuden. Die Haupterschließung für den MIV erfolgt über die im Osten angrenzende Hauptverkehrsstraße Günther-Scharowsky-Straße.
Für die Besiedelung des Siemens Campus sollen die Mobilitätsangebote zielgruppenspezifisch angepasst und Erfahrungen mit neuen Mobilitätsformen und technischen Innovationen (Smart Mobility) gesammelt werden. Für Erlangen stehen daher folgende Forschungsfragen im Mittelpunkt:
Welches Verkehrsverhalten und welche Bedürfnisse haben die Nutzer des Siemens Campus?
Wie kann der Umweltverbund und neue Mobilitätsformen gefördert werden?
Wie können städtische Verkehrsangebote und firmeneigenen Mobilitätsangebote sowie private Mobilitätsdienstleister optimal kombiniert werden?
Erfassung der Mobilitätsbedürfnisse und des Mobilitätsverhaltens der Nutzer des Siemens Campus
Verknüpfung von Mobilitätsformen → Mobilitätsstationen
Individuelle Mobilitätsberatung und –information (digital und face to face)
Dr. Christian Korda
Stadt Erlangen
Referat für Planen und Bauen
Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung, Abteilung Verkehrsplanung
christian.korda@stadt.erlangen.de
new.siemens.com/de/de/unternehmen/nachhaltigkeit/siemens-campus-erlangen.html
In Ludwigsburg greift das Projekt eine Folge des Klimawandels auf: In den letzten Jahren haben punktueller Starkregen, Hitze und längere Trockenperioden tendenziell zugenommen. So waren in diesem Jahr beispielsweise zuletzt die Monate März und April vergleichsweise zu warm und zu trocken. Prognosen sagen eine weitere Zunahme solcher Ereignisse voraus.
Um der Klimawandelanpassung und wassersensiblen Stadtentwicklung Rechnung zu tragen, wird in der Ludwigsburger Innenstadt der Straßenraum als Wasserspeicher erprobt. Als Maßnahme des Projekts »Straße der Zukunft« wird in der Alleenstraße eine 50m³-Zisterne unterirdisch verbaut. Diese wird über die angrenzenden Dachflächen gespeist. Das Wasser kann dann zum Beispiel zur Grünflächenbewässerung oder zur Kanalspülung genutzt werden. Im Projektzeitraum wird allerdings auch das Straßenabwasser in den Blick genommen. Das Fraunhofer IGB misst und vergleicht Wasser- und Luftproben aus der Alleenstraße (Fahrradstraße) mit denjenigen aus der parallel verlaufenden Mathildenstraße (Autostraße). Je nach Messergebnis könnten sich auch für das Straßenabwasser Nutzungsmöglichkeiten ergeben.
Während die praktische Umsetzung des Projekts in der Innenstadt erfolgt, wird im Osten der Stadt das Neubaugebiet Fuchshof konzeptionell mitbetrachtet. Beim voraussichtlich ersten autofreien Wohnquartier der Stadt könnten Erkenntnisse aus der Alleenstraße von Nutzen sein.
Seit dem 03.08.2020 läuft die praktische Umsetzung des Projekts »Straße der Zukunft« in Ludwigsburg. Die 50m³-Zisterne wurde am 06.08.2020 geliefert. In ca. vier Wochen wird die Baumaßnahme beendet sein. Zwischenzeitlich werden beim Fraunhofer IGB bereits die ersten Probenahmen des örtlichen Regen- und Straßenabwassers analysiert.
Jan-Philipp Thoma
Stadt Ludwigsburg
Referat Steuerungsunterstützung und Grundsatzthemen
Team Nachhaltige Stadtentwicklung
Seit über 35 Jahren ist das Fraunhofer IAO ein renommierter Anbieter von Dienstleistungen in den Bereichen Unternehmens- und Arbeitsorganisation, Technologiemanagement sowie Informations- und Kommunikationstechnik. Das Team Smart Urban Environments, im Bereich Mobilitäts- und Stadtsystem-Gestaltung, entwickelt tragfähige und kreative Lösungen für den zukünftigen urbanen Raum. Durch städtische Testlabore, Studien und gezieltes Technologiemanagement werden relevante Einflussfaktoren und mögliche Potentiale systematisch erforscht und bieten Adaptionsmöglichkeiten für städtische Räume der Zukunft.
Das Fraunhofer IAO koordiniert das Gesamtprojekt sowie einzelne Arbeitspakete und stellt die zentrale Anlaufstelle für alle Projektpartner dar. Anhand der wissenschaftlichen Expertise beteiligt sich das Fraunhofer IAO maßgeblich an der Szenario-Entwicklung und führt regelmäßig Kreativ-Workshops durch, die die ganzheitliche Integration der Expertisen aller Projektpartner garantiert.
Sophie Mok, M.Sc.
sophie.mok@iao.fraunhofer.de
Felix Stroh, M.A.
felix-fabian.stroh@iao.fraunhofer.de
Das Fraunhofer IGB entwickelt und optimiert Verfahren, Produkte und Technologien für die Geschäftsfelder Gesundheit, Chemie und Prozessindustrie sowie Umwelt und Energie. Wir verbinden höchste wissenschaftliche Qualität mit professionellem Know-how in unseren Kompetenzfeldern – stets mit Blick auf Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Komplettlösungen vom Labor- bis zum Pilotmaßstab gehören dabei zu den Stärken des Instituts. Kunden profitieren auch vom interdisziplinären Austausch zwischen den Standorten in Stuttgart, Leuna und Straubing.
Das Fraunhofer IGB beteiligt sich mit seiner wasserwirtschaftlichen Expertise an der Szenario-Entwicklung sowie an der Konzeptionierung der Musterstraßen. Der Schwerpunkt liegt aber auf dem Monitoring und der Evaluation der Musterstraßen. Die Methode der Stakeholder-Interaktionsanalyse wird dabei für die kommunale Infrastrukturplanung weiterentwickelt und am Beispiel Ludwigsburg im Kontext der Musterstraße angewendet.
Dipl.-Ing. Christiane Chaumette
christiane.chaumette@igb.fraunhofer.de
Barbara E. Waelkens, M. Sc.
barbara.waelkens@igb.fraunhofer.de
Dr.-Ing. Marius Mohr
marius.mohr@igb.fraunhofer.de
Drees & Sommer ist der innovative Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben. Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit fast 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Dadurch entstehen wirtschaftliche und nachhaltige Gebäude, rentable Immobilienportfolios, menschenorientierte Arbeitswelten sowie visionäre Mobilitätskonzepte. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
Praktische als auch forschungs¬angewandte Expertise zu Mobilität und Infrastruktur
Leitung AP3 (Konzeption und Umsetzung von Musterstraßen) in Zusammenarbeit mit Kom-munen und dem Sparring Partner Erlangen
Verantwortung AP1.2 (Konzep¬tion Soll-Prozess)
Unterstützung u.A. bei Szenario-Entwicklung und Erarbeitung Replikationsmodell.
Burkhard Seizer
Tel. +49 711 222933-4137
burkhard.seizer@dreso.com
David Mahder
Tel. +49 711 222933-4293
david.mahder@dreso.com
Fabian Gierl
Tel. +49 711 222933-4164
fabian.gierl@dreso.com
Publikation:
Zukunftsstudie Mobilität Auswertung der Umfrage
Werkzeuge:
QuickCheck_Windows QuickCheck_iOS
Weitere Informationen aus der Presse:
Erlangen baut die Straße der Zukunft (PDF)
Interview für das Fachmagazin EnEV Baupraxis
Straße der Zukunft ohne Autos (Zeitungsartikel)
Straße als Sammler und Speicher für Wasser (Zeitungsartikel)
Downloads zur Kick-off Veranstaltung in Frankfurt:
Projektblatt RES-Z Straße der Zukunft (PDF)
Straße der Zukunft Poster (PDF)
Straße der Zukunft Präsentation (PDF)
Straße der Zukunft Paper (PDF)
Download des Videos: Zwei Szenarien für den Straßenraum 2030 (mp4)